Heute begann im Zug neben mir eine gepflegte Dame wie wild in ihrer Aktentasche zu graben. Dabei drang sie mit den Händen ganz nach unten vor und griff unter die Akten in der Tasche. Sie grub und grub, sodass ich schon ganz besorgt war, sie könnte sich die Arme oder die Handgelenke brechen. In Prisen förderte die Dame dann den Bodensatz ihrer Tasche zu Tage und streute ihn auf den Zugboden. Diesen Vorgang wiederholte sie so viele Male, bis der Taschenboden offenbar clean war. Ich dachte bei mir, dass sich das auch einfacher hätte bewerkstelligen lassen: Tasche ausräumen, auf den Kopf stellen und wieder einräumen. Doch wahrscheinlich war es ihr peinlich, den gesamten Inhalt herauszuholen. Zudem wäre dann doch etwas zu augenfällig gewesen, dass sie durch ihre Taschensäuberungsaktion den Zug verunreinigte.
Doch eigentlich ist es völlig egal, ob dieser Schmutz auf dem Taschenboden oder auf dem Zugboden wohnt. Denn im Grunde ist jede Reinigungsaktion bloss eine Verschiebung von Schmutz. Wenn man sich zum Beispiel die Hände wäscht, fliesst das verunreinigte Wasser in die Kläranlage, wo es gereinigt werden muss. Der Klärschlamm wird dann zuerst vergärt und hinterher in Kehrichtverbrennungsanlagen, Schlammverbrennungsanlagen und Zementwerken verbrannt. Durch die Verbrennung werden CO2 und andere Schmutzstoffe an die Luft abgegeben. Und was in der Luft ist, ist irgendwann wegen Photosynthese und so in den Pflanzen und was in den Pflanzen ist, landet irgendwann in Form von Gemüse, Getreide oder Fleisch wieder auf unserem Teller. Und vor dem Essen heisst es ja so schön, soll man sich die Hände waschen…
Kurz, wenn es um Schmutz geht, kann man seine Hände nicht in Unschuld waschen. Und selbst wenn man sie nicht wäscht, ist da Schmutz. Darum lautet meine heutige Weisheit zu Dreck: „Let it be!“, am liebsten aber „where it belongs“.