Gestern im Zug sass ich auf dem Heimweg mit einem Ehepaar so um die 60 im Abteil. Die Beiden konnten nicht fassen, wieviele Menschen in Oerlikon auf dem Bahnsteig auf ihren Zug warteten. „Das Perron ist ja ganz schwarz vor lauter Menschen!“, sagte er. Sie nickte sprachlos. Und im Flughafen kommentierten sie die Züge, die ein- und ausfuhren mit grossem Erstaunen. Jeder Zug war voll! Als wir kurz vor Winterthur parallel zur Strasse fuhren, zeigte sie mit gefallener Kinnlade und grossen Augen auf die Autoschlange, die sich da staute.
Ich wiederum wunderte mich über das Wundern dieses wunderlichen Paars. Ich fragte mich, wo und wie man in der Schweiz heute leben kann, um sich an einer solchen Alltäglichkeit dermassen zu ergötzen. Das ist doch alles ganz normal! Ich begann mir auszumalen, wie die beiden Abend für Abend irgendwo in einem abgelegenen Chrachen auf dem Ofenbänkchen sitzen. Sie stopft Socken, er seine Pfeife. Sie hören das Wunschprogramm auf SRF1, das sie selbst immer noch Radio DRS nennen, und die Uhr an der Wand macht langsam Ticktack.
Ganz ehrlich gesagt, kamen mir plötzlich Zweifel, was nun eigentlich normal ist; der Stau und die überfüllten Züge oder das Ofenbänkchen. Zudem fragte ich mich, ob es auf Radio DRS auch schon so viele Staumeldungen gab wie auf SRF1. Und eigentlich hätte ich mich in dem Moment ganz gerne auf dem Ofenbänkchen im hintersten Chrachen ein Weilchen ausgeruht.