Das erst Beste

Studien belegen: Wer sich zwischen vier bis fünf Dingen entscheiden muss, ist glücklicher als jemand, der die Wahl zwischen ganz vielen Optionen hat. Ob man mit einer kleinen Auswahl glücklicher ist, weiss ich nicht, aber das Leben wäre sicher einfacher.

Am Samstag stellte ich mich als Mitglied einer Jury der Aufgabe die besten Weihnachtsgeschichten auszuwählen, die im Rahmen eines Wettbewerbs eingereicht worden waren. Was wir im stillen Kämmerchen besprachen, ist natürlich top-secret. Doch so viel sei verraten: Wir haben es uns nicht leicht gemacht und wären mit vier bis fünf statt mit 33 Geschichten sicher schneller fertig geworden. Zum Glück aber hatten wir Kriterien, nach denen wir beurteilten, und eine Zeitlimite, was schliesslich zu einem Happy-End führte.

Ich war hinterher mit einer Freundin zum Nachtessen verabredet. Zum Glück hatte sie ein Restaurant ausgewählt und vorgeschlagen. Ich willigte dankbar ein: Bloss keine Entscheidungen mehr treffen! Als wir dann im Stübli sassen und die Speisekarte aufschlugen, hatte ich ein Déja-vu: Auf der Karte waren nicht nur 33 sondern 46 verschiedene Arten von Flammkuchen aufgelistet, eine Make-your-own-Option inklusive. Ich stöhnte auf und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Bei der Jurierung hatten wir Kriterien für die Beurteilung, das müsste sich doch auch auf die Auswahl von Flammkuchen übertragen lassen. Also probierte ich es mit meinem Allerweltskriterium: Nimm das Zweitbilligste. Das Billigste ist qualitativ schlecht und es zu nehmen, macht einen geizigen Eindruck. Das Zweitbilligste aber zeugt von einer minimalen Grosszügigkeit und wenigstens ein bisschen Qualitätssinn. Dumm war nur, dass es ganz viele verschiedene Flammkuchen zum gleichen Preis gab. Hätte ich das Zweitbilligste genommen, hätte ich gleich sieben Flammkuchen essen müssen. Also erinnerte ich mich an mein Restaurant-Kriterium: Etwas, das ich mir zu Hause selber nicht koche. Aber da hätte ich alle 46 Flammkuchen verdrücken müssen, denn ich habe mir zu Hause noch nie einen Flammkuchen gebacken. Also zurück zum Start. Meine Freundin war zum Glück mit ihrer Wahl auch noch nicht weiter. Wären wir in einer Pizzeria gewesen, hätten wir in dieser Situation wahrscheinlich die „Quattro Stagioni“ genommen mit ein Bisschen von allem. Aber so etwas gab es in diesem Flammkuchen-Paradies nicht. Und so landete ich beim letzten Kriterium, das ich auf Lager hatte: Nimm das erst Beste.

Es gab also Flammkuchen mit Birnen und Gorgonzola. Es hat sehr lecker geschmeckt. Trotzdem schluckte ich mit jedem Bissen die Reue mit hinunter, dass ich mich mit dieser Wahl gegen 45 andere Flammkuchen entscheiden musste.

Ein Gedanke zu “Das erst Beste

  1. Elisabeth Klinger schreibt:

    Ja die Auswahl, die uns glücklich machen sollte tut dies nicht. Im Gegenteil sie macht uns zu Zweiflern. Oft erweist sich das Beste im Nachhinein gar nicht als das Beste.
    Gratistipp: Folge deinem Instinkt, der Intuition.

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