Maybe Baby!

Letzte Woche strandete ich an einem kühlen Regentag am Bahnhof von Rosshäusern. Nein, der Ort liegt nicht im Aargau und auch nicht im Zürcher Unterland sondern im Bernbiet. Während einer Viertelstunde stand ich dort frierend bei der Postautohaltestelle und vertrieb mir die Zeit notgedrungen mit dem Studium des Selecta-Automaten, respektive dessen Inhalt.

Am stärksten waren Getränke, insbesondere koffeinhaltige vertreten: 4 Fächer mit Redbull, 3 mit Cola, 3 mit Eistee, eines mit einem weiteren Energy-Drink und eines mit Eiskaffee. Das gute alte Comella war auch da, Rivella natürlich ebenso. Für einen Hauch von Swissness sorgte auch das Kägifret. Allerdings lag zwei Fächer rechts vom Kägifret ein Kitkat und links davon ein Knoppers. Die Rosshäuser scheinen Waffeln in Kombination mit Schokolade zu mögen. Mit der Swissness war es dann aber doch nicht so weit her, denn die guten alten Landjäger waren hier spargeldünne Stängelchen mit dem Namen “Party-Sticks”. Hinzu kamen Fruchtgummis in allen Grössen und Formen. Ein Sack Chips, wenige Kaugummis und Bonbons, ein Apfelküchlein und eine Waffel (schon wieder!) rundeten das Angebot der Lebensmittel ab. Der Bereich der Non-Food-Artikel war in die Abteilungen Sex und Drogen unterteilt. Neben einem Schwangerschaftstest mit der launigen Aufschrift “Maybe Baby” lag eine Packung Kondome. In der Suchtabteilung lag ein Dreierpack Feuerzeuge – allerdings ohne Zigaretten. Aber vielleicht hatte ich da ja auch etwas falsch verstanden und die Rosshäuser benutzten Feuerzeuge für ganz andere Dinge als fürs Rauchen. Dinge, für die man eben drei Feuerzeuge aufs Mal brauchte statt nur eines: Jonglieren mit Feuer zum Beispiel.

Als endlich das Postauto kam und mich vom Bahnhof Rosshäusern wegbrachte, blieben meine Gedanken noch lange beim Selecta-Automaten. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich so gar nicht zur Zielgruppe der Selecta gehörte. Aber waren die Pendler, die hier vorbei kamen wirklich alle Koffeinjunkies, die Junkfood in sich hineinstopften und ständig Sex hatten? Was kam zuerst: Das Angebot oder die Nachfrage? Oder ganz konkret: Was war wahrscheinlicher, wenn man in Rosshäusern zwischen der Ankunft des Zuges und der Abfahrt des Postautos eine Viertelstunde in der Kälte warten musste. War das a) dass man sich erkältete und ein Taschentuch brauchte oder b) dass man einem Rosshäuser begegnete, mit dem man heissen Sex hatte und dafür ein Kondom benötigte? Ich blickte aus dem Fenster und während ich durch mir völlig unbekanntes Gebiet fuhr und langsam wieder auftaute, begann meine Nase zu laufen. Ich verfluchte mich dafür, dass ich an jenem Morgen kein Taschentuch eingepackt hatte.

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