Nach mehreren Monaten habe ich am Sonntagabend wieder einmal Tatort geschaut und ich muss ehrlich sagen, dass mir das Filmsignet am Anfang am besten gefallen hat. Die Augenpaare, die hintereinander erscheinen, das Fadenkreuz, das sich zu spannungsgeladenen Klängen aufbaut und dann die fetzige Musik, die den Tatort ankündet, haben ihren Reiz und ihre Wirkung auch nach mehreren Wochen Abstinenz nicht verloren.
Doch dann ging es bergab. Gleich zu Beginn, und danach immer wieder, wurde ein Beweis-Video von einer blutten gefesselten Frau in Lack und Leder gezeigt, der man eine – natürlich durchsichtige –Plastiktüte über den Kopf gestülpt hatte. Die Frau keuchte – ob sie das tat, weil sie kurz vor dem Orgasmus oder dem Ersticken war, war nicht ganz klar. Wahrscheinlich letzteres, denn bei der Frau handelte es sich um das Mordopfer. Dann kam ein Hipster auf die Bildfläche, der sein Velo im Büro an die Wand hängte und dessen Chefin durch eine gestaubsaugte Städtelandschaft joggte. In der Firma gab es ganz viele Bildschirme und Server, auf denen irgendwelche Opfer und Verdächtige erschienen. Ich war relativ bald relativ verwirrt, was das alles sollte. Dass die Geschichte durch Übertitel unterbrochen und in Rückblenden erzählt wurde, machte die Sache auch nicht einfacher. Irgendwann würde es dann schon klarer werden, tröstete ich mich und schaute weiter. Als das Video von der blutten Frau mit dem Plastiksack über dem Kopf zum fünften Mal gezeigt wurde, fing ich an, mich zu langweilen. Ich holte mir eine Tüte Chips aus der Küche. Gegen 21.30 Uhr lief der Hipster-Bartli mit einer Knarre im Server-Raum seiner Firma rum und ballerte auf die schwarzen Kästen, sodass die grünen und blauen Lämpchen nach und nach erloschen. Erst war sein Computer-Programm aus dem Ruder gelaufen und dann auch noch der Hipster-Bartli selbst. „Ja, das kann schon passieren“, dachte ich und langte tief in die Chips-Tüte. „Dranbleiben“, sagte ich mir, „am Schluss wird alles gut und du kapierst die Handlung schon. Schliesslich hast du mal die Matura gemacht, stehst mit beiden Beinen im Leben, bist zwar leicht technophob aber auch nicht von vorgestern. Ausserdem hast du während dem Film weder SMS geschrieben noch Fingernägel gefeilt noch gestrickt. Du hast deine ganze Aufmerksamkeit dem Tatort geschenkt. Mehr kannst du nicht tun.“
Leider hat das alles nichts geholfen. Der gestrige Tatort hat mich völlig ratlos zurückgelassen. Ich wusste nicht so recht, sollte ich an mir oder am Schweizer Fernsehen zweifeln. Das Einzige, was an diesem Fernsehabend wirklich gut war und woran ich nicht zweifelte, waren die Chips.