«Schön, dass wir nochmals … vielleicht ist es das letzte Mal», diesen Spruch habe ich diese Woche gleich mehrmals gehört: in der Gartenbeiz nach der Chorprobe, am Grillabend auf dem Mitarbeiterausflug und beim Schwimmen in der Limmat. Im Moment sind alle sommerwehmütig. Man könnte meinen, dass nach dem Sommer nichts mehr kommt. Oder anders gesagt: Die Endlichkeit des Sommers lehrt uns, den Moment zu geniessen.
Ist ja eigentlich eine gute Sache, wenn man bedenkt, dass wir heutzutage ständig ziemlich überall sind, ausser im hier und jetzt. Wir tippen auf dem Weg durch den Bahnhof auf dem Handy rum, haben schon seit Jahren auf unserer Pendlerstrecke nicht mehr aus dem Zugfenster geschaut, weil wir die Fahrt lieber dafür nutzen, in der Zeitung zu lesen, was am Tag zuvor in den USA, China oder Korea passiert ist. Wir gehen in Gedanken schon die Tischordnung für die Silvesterfeier durch, planen das überüberüberübernächste Wochenende und haben längst die Destinationen aller Urlaube für die nächsten drei Jahre festgelegt.
Da ist so ein (vielleicht letzter) Spätsommerabend doch Gold wert. Ja und zum Glück sage ich, zum guten Glück haben wir Jahreszeiten! Ich will ja nicht wissen, wie es denen geht, die am Äquator wohnen. Wenn alles immer gleich ist, haben die ja gar keine Gelegenheit, wehmütig die letzten Tage des Sommers und so den Moment zu geniessen. Die armen Ecuadorianer, Kenianer, Somalier und Indonesier. Wie schaffen, die es jemals, im hier und jetzt zu sein?
Oder ist es umgekehrt? Brauchen wir, weil wir nicht im Moment leben können, die Jahreszeiten während die Ecuadorianer, Kenianer, Somalier und Indonesier sowas gar nicht nötig haben, weil sie auch so den Augenblick geniessen können? Vielleicht müsste ich mal hinfahren und fragen… In vier Jahren finde ich möglicherweise ein langes Wochenende, an dem ich so ein Äquator-Studienreisli noch dazwischenschieben kann.